
Dass
sexistische Vorstellungen die Produktion von wissenschaftlichem Wissen beeinflussen
– darüber muss heute nicht mehr groß gestritten werden. In der Medizin wird der
männliche Körper als Standard genommen; der Erfinder der ersten Pille war der
Kontrolle des Bevölkerungswachstums scheinbar so verpflichtet, dass er mögliche
Gesundheitsrisiken für Frauen ausblendete. Die Archäologie wiederum hantierte jahrzehntelang
mit gegenderten Kategorien von ‚Sammler und Jäger‘. Sind dies einfach nur Beispiele
von schlechter Wissenschaft, die von gebiaseden Forscher*innen ausgeführt wurde? Oder ist
Wissenschaft als gesamtes Projekt womöglich
so konzipiert, dass unter dem Deckmantel des Ideals wertfreier
Objektivität diskriminierende Vorstellungen florieren können? Im Seminar fragen
wir uns, wie tief und wo die feministische Wissenschaftskritik ansetzen kann und
soll. Wir setzen uns mit den drei Grundströmungen der feministischen
Erkenntnistheorie auseinander und lernen Argumente gegen die gängige
Objektivitätskonzeption kennen und Ideen, wie feministische Wissenschaft
aussehen kann. Auch die die Schwierigkeiten, die sich für die unterschiedlichen Ansätze ergeben, nehmen
wir natürlich unter die Lupe. Zwar könnt ihr keine Creditpoints erwerben,
dafür aber Klassiker wie Sandra Harding, Helen Longino und Donna Haraway entdecken
– englischsprachige Lektüre, die nicht nur feinsinnig, sondern auch humorvoll
ist. Was im letzten Teil des Seminars
gelesen wird, steht eurer Entscheidung als Teilnehmende offen. Wir könnten z.B.
einen Blick in die Praxis feministischer Wissenschaft im Bereich Medizin oder
Neurowissenschaft werfen oder einen Ausflug in die dekoloniale
Wissenschaftskritik unternehmen.
- Lehrende:r: Inga Gittermann