Ausgehend von Sigmund Freuds 1919 erfolgter Definition des
Unheimlichen als einer Wiederkehr des Heimlich-Heimischen, das eine
Verdrängung erfahren hat, versucht das Seminar in bewusster Opposition
zu psychoanalytischen Erklärungsversuchen, Erscheinungsformen des
Unheimlichen an darstellerischen Eigenarten innerhalb der Literatur, der
bildenden Kunst, der Architektur, des Films und eventuell der Musik
(insofern sich für Letzteres entsprechend interessierte
Teilnehmer*innenfinden) auszumachen. Gerade wenn das Unheimliche
Verborgenes und Geheimes ans Licht bringen soll, können die Kategorien
des Unbewussten, des Es oder der Triebe nicht mehr ausreichen, bezüglich
einer Charakterisierung des Phänomens. In den Künsten wird das
Unheimliche über formalästhetische Modi und verschiedene Konstruktionen
des künstlerischen Materials erzeugt. Sie sind es, die bei den
Leser*innen, z.B. einer „Gothic novel“, Angst und Verstörung
hervorrufen. Die Architektur eines Gebäudes und die Anordnung seines
Interieurs versetzen die Besucher*innenin Beklemmung. Bevor also nach
Gründen für rezipientenspezifisches Verhalten ermittelt werden kann,
müssen zunächst die von den künstlerischen Artefakten gegebenen
Voraussetzungen, also das Unheimliche als eine produktions- und
werkästhetische Kategorie erfasst werden. Danach können erst Postulate
konstruiert werden, welche das Unheimliche von Phänomenen wie dem
Wunderbaren, dem Phantastischen, dem Schrecken etc. abgrenzen oder dem
Seltsamen und dem Gespenstischen (Mark Fisher) annähern und es
letztendlich auch als eine ästhetische Erfahrung der
Lesendenoder Betrachtendendefinierbar machen.
Zugrunde gelegt werden
theoretische Essays von Caillois, Freud, Mike Kelly, H.-Th. Lehmann,
Todorov und Anthony Vidler; Werke von Baudelaire, Blackwood, Cortazar,
Gautier, E.T.A. Hoffmann, Kafka, Kleist, Le Fanu, H.P. Lovecraft,
Maupassant, E.A. Poe, Bruno Schulz, Stevenson, Stoker, Tieck, Walpoole
u.a.; Filme von Brian de Palma, Richard Donner, Hitchcock, Kubrick,
David Lynch u.a.; bildende Kunst von Matthew Barney, Hans Bellmer,
Füssli, Mike Kelly, Paul McCarthy, Gregor Schneider u.a. Eventuell
werden auch einige Erzeugnisse aus der populären Kultur herangezogen.
- Lehrende:r: Joel Prior
- Lehrende:r: Torsten Voss